Warum Betagte trotz Handicap glücklich sind

Studierende der HWZ bekamen eine komplexe Aufgabe: Die Millennials mussten in einem Artikel beschreiben, was das Glück der Babyboomer ausmacht.
Alter, zufriedener, Midlife-Crisis,
Nach der Midlife-Crisis wird alles besser (Bild Benett Tobias un Unsplash)

Von Damian Steffen

Es klingt paradox: Alte Menschen sind am zufriedensten. Obwohl Personen im Ruhestand gebrechlicher werden oder ihr Umfeld verlieren, stützen Fachleute diese Aussage.

«Ist das Leben nach 30 überhaupt lebenswert?», fragte ein Kollege in die Runde. Die Anwesenden am Bar-Tisch der Stammkneipe lachten, witzelten und meinten einstimmig: «Nein». Viele jüngere Menschen können sich das Leben nach den jugendlichen 20ern gar nicht vorstellen – im Rentenalter zu leben erst recht nicht.

Es sei, wie auf den Tod zu warten. AHV gäbe es eh keine mehr. Gebrechlich im Altersheim zu sitzen, sei ein Albtraum. Ganz so trist, wie sich diese Gruppe von Mittzwanzigern das Altern ausmalen, ist es nicht.

Alternde sind für ihr Glück verantwortlich

Die Kinder aus dem Babyboom kommen ins Rentenalter. Die Schweizer Gesellschaft tendiert zu einer Überalterung. Das bestätigen Zahlen des Bundesamtes für Statistik. Fast 19 Prozent der Bevölkerung ist im Jahr 2019 über 65 Jahre alt. Die Zahlen werden in den kommenden Jahren steigen. Ginge es nach den Herren vom Stammtisch, wird die Schweiz bald von griesgrämigen, depressiven und verbitterten Menschen bevölkert.

Fachleute stellen hingegen eine andere These auf. Der deutsche Altersforscher Sven Voelpel vertritt die Meinung: «Altern ist auch eine Frage der Einstellung.» Konkret meint er, Altern bedeute nicht nur physischer Zerfall. Alternde könnten ihre Lebensqualität selbst steuern: «Wenn ich aber älter werde, merke ich, das Leben ist irgendwann begrenzt […]. Das heisst, die Zeit wird aufgewertet […]. Deswegen setzt man andere Prioritäten, […] um das Leben auch mehr zu geniessen.»

Die Zufriedenheit steigt im Alter

«Solange wir jedoch am Leben teilnehmen und uns nicht von ihm fernhalten, so lange können wir lebendig sein», meint auch Dr. Rolf Merkle, ein deutscher Psychotherapeut. Christine Thaddey, eine Seniorenbetreuerin, spricht mit Menschen im Rentenalter darüber, was sie glücklich macht. Sie stellt eine veränderte Wertehaltung im Alter fest. Dankbarkeit und Gesundheit bereite im Alter mehr Freude. Viele der Befragten würden einfach die Ruhe nach der stressigen Arbeitskarriere geniessen.

Aus der neu gewonnen Zeit für Hobbies wie Malen oder Lesen würden Betagte viel Kraft schöpfen. Das Online-Magazin 50PLUS meint sogar, man müsse «die Rente als gesprengte Ketten begreifen.» Im Ruhestand habe man schliesslich nur noch das Ziel, die verbleibende Lebenszeit fürs Glücklich sein zu nutzen. Diese Zufriedenheit von Betagten kann quantifiziert werden: Das hält eine Studie des Bundesamtes für Statistik fest: 2017 führte die ü65-Generation das Zufriedenheitsranking an

Eine gross angelegte Studie einer britischen Hochschule erklärt sich das Glücklich sein im Alter so: «Zentral ist die so genannte Selbstregulation, das heisst die Fähigkeit, sich an neue Bedingungen anzupassen und Veränderungen selbstwertdienlich zu interpretieren. So dass trotz vielfältiger Verluste – zum Beispiel der Tod nahestehender Menschen oder zunehmende körperliche Einschränkungen – das Bedürfnis nach Kontrolle über das eigene Leben bestehen bleibt.», zitiert das SRF aus der Studie.

Nach der Midlife-Crisis wird alles besser

Eine interessante Theorie äussert auch der Schweizer Ökonomieprofessor Hannes Schwandt. Für ihn ist es auch die geschmälerte Erwartungshaltung, welche uns im Alter glücklich macht: «Im Verlauf der Phase zwischen Anfang 40 und Ende 50, wenn die Leute so richtig im Keller der Gefühle sitzen, geht auch ihre Erwartung an ein zufriedenes Leben verloren. Sie haben die Hoffnung für die Zukunft verloren. Interessanterweise geht es von genau diesem Moment an wieder bergauf mit ihnen.»

Neue Werte schaffen Spass im Alter

Auch das Gottlieb Duttweiler Institut hält fest: «Menschen der Generation 70plus reisen, bilden sich weiter, beraten, unterrichten, treiben Sport, unterstützen ihre Kinder und Enkel und helfen in der Nachbarschaft.» Diese Generation sei vitaler denn je. Das hängt mit einem kulturellen Wandel in der Schweiz zusammen.

«Die Generation, die in den nächsten Jahren in Rente gehe, verfüge über genügend Ressourcen, finanzielles wie auch soziales Kapital, sowie über Willen und Fantasie, um die gewonnen Jahre für sich und die Gesellschaft zu nutzen», zitiert die Plattform vorsorgeexperten.ch die Studie.

Alles deutet darauf hin, dass die Vorurteile gegenüber Betagten falsch sind. Jugendliche dürften mehr darauf vertrauen, dass die Zukunft es gut mit ihnen meint. 


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