Sixpack, Tattoo, Start-up - was geht noch ü50?

Zu spät, zu alt, wird nichts mehr - im Alter von über 50 motiviert man sich immer schwerer. Oder traut sich nicht mehr, Neues zu starten.
Sixpack, Tattoo, Start-up - was geht noch ü50?
Mit 50plus geht fast alles noch – es braucht manchmal einfach mehr Aufwand.

Wofür es wirklich zu spät ist und was Sie dringend angehen sollten, beschreibt Brenda Strohmaier in der «Welt».

Lohnt sich noch eine Zahnspange?

Plötzlich sieht man überall Menschen jenseits des Teenageralters mit Spange. Offenbar ist es dafür nie zu spät. "Theoretisch können Sie sich auch mit 90 eine zulegen", sagt die Berliner Kieferorthopädin Annette Wiemann, die mehrere Mittsechzigerinnen zu ihren Patientinnen zählt.

Einzige Voraussetzung sei, dass ein Drittel des Knochens, in dem die Zahnwurzel steckt, noch nicht von Parodontose hinweggerafft worden sei. Die Arzt-Argumente für eine Zahnspange für ältere Herrschaften: Ein guter Biss schont die Zähne und entlastet die Hals-Nacken-Muskulatur. Insbesondere die Generation 50 plus landet - auch aus Eitelkeit - inzwischen oft beim Kieferorthopäden, obwohl sie brav als Teenager eine Klammer trug. Was daran liegt, dass die Zähne sich ein Leben lang bewegen, und zwar ab 20 gen Kiefermitte.

"Tertiärer Engstand", nennt sich das. Einer Theorie zufolge bewährte sich die Wanderbewegung bei der Evolution, weil so Lücken geschlossen werden, wenn Zähne ausfallen. Eine Behandlung dauert zwischen ein paar Monaten und mehreren Jahren, sie kostet zwischen 3000 und 10'000 Euro. Bei manchem reicht eine durchsichtige herausnehmbare Spange, andere brauchen eine feste. In der Schweiz bezahlt man die Behandlung in der Regel selbst.

In Deutschland bezahlt bei Privatversicherten die Kasse, gesetzlich Versicherte müssen ab dem 18. Lebensjahr das Geld selbst zusammenkratzen.

Fazit: Mit 50 schon an die Spange denken, damit man mit 60 noch kraftvoll zubeissen kann.

Wie komme ich (wieder) zu einem flachen Bauch?

Der chinesische Schauspieler Wang Deshun demonstrierte 2015 als 79-Jähriger auf dem Laufsteg mit nacktem Oberkörper, dass man nie zu alt ist für Model-Weltruhm. "Selbstdisziplin", erklärte er sein jugendliches Aussehen. Ein flacher Bauch und straffe Oberschenkel sind jenseits der 30 in der Tat ein Arbeitssieg, weil die Produktion von Wachstums- und Sexualhormonen nachlässt. "Muskeln aufzubauen wird schwieriger, man wird verletzungsanfälliger", sagt Mario Adelt, Personal Trainer und Experte für "High Intensity Training", kurz HIT.

Ausgerechnet er, dessen jüngstes Buch mit dem Motto "Härter ist besser" beworben wird, rät deshalb davon ab, aus dem Stand heraus auf die alten Tage mit Joggen oder knallhartem Crossfit-Training zu beginnen. Wer sich also mit 50 vornimmt, nicht zum Knacker, sondern knackiger zu werden, sollte erst mal möglichst viele unterschiedliche Muskelgruppen mit sehr langsamen Bewegungen ohne Schwung auf Vordermann bringen.

"Dadurch schont man Gelenke und Bänder. Besonders durch Krafttraining kann ich mein Hormonprofil wieder verjüngen." Die viel beworbene "Spot Reduction", das heisst nur punktuell an Bauch- oder Oberschenkel abzunehmen, sei ein Mythos. "Der Körper baut seine Fettreserven immer gleichmässig ab." Tatsächlich könne ein jeder aber schon mit drei simplen Bewegungen 90 Prozent der Muskelgruppen trainieren: Mit Kniebeugen (und die in der Hocke halten), Liegestützen sowie einer Ruderbewegung für die Rückenmuskulatur (mit einer Hand auf dem Tisch aufstützen, sodass der Oberkörper nach vorn geneigt ist, mit der anderen fasst man eine schwere Flasche und zieht sie in leichtem Bogen nach hinten).

Mit Gewichten reiche es, einmal pro Woche 15 bis 20 Minuten zu trainieren, ohne Geräte gelte es, täglich zu üben. Aber nur, wenn wirklich nix wehtut. Sonst sollte man einen Tag Pause einlegen. Oder ist tot.

Fazit: Der Greis bleibt mit viel Mühe heiss. Und Wang Deshun trainiert übrigens drei Stunden am Tag.

Welches Tattoo passt zu meinem alten Ego?

In Münster durften sich während der Skulpturentage Senioren zum halben Preis tätowieren lassen - und nutzten das Angebot eines Künstlers eifrig. Da liess sich etwa ein 67-Jähriger, gerade Opa geworden, den Namen der Enkelin auf den Unterarm tätowieren. Merke: Für etwas Tinte ist immer Platz. Fragt sich nur nur: wo genau? Und welches Motiv?

Auch der Berliner Tätowiererin Guen Douglas kommen ständig Menschen über 50 unter die Nadel. "Das sind zum Beispiel Leute, die plötzlich beruflich mehr Freiheiten haben und die zuvor zögerten, weil sie dachten, das schade ihrer Karriere." Sie rät, sich ein nachhaltig straffes Körperteil auszusuchen, wie eben den Unterarm oder die Wade, und dann ein Motiv zu wählen, das einem schon lange gefällt, sei es auch ein Tribal-Motiv aus den 90ern, das längst aus der Mode ist.

"Hauptsache, nichts Hippes. Lieber etwas Klassisches. Blumen gehen immer." Fazit: Wenn schon Tattoo, dann Rose. Um es mit Aretha Franklin zu begründen: "Cause a rose is still a rose. Baby, girl, you're still a flower."

Kann ich wieder wie 40 aussehen?

50 ist angeblich das neue 40. Doch kann man auch wirklich um eine Dekade jünger aussehen? "50 ist noch ein gutes Alter, da lässt sich mit minimalinvasiven Verfahren viel erreichen", sagt Torsten Kantelhardt, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie. Heisst: Ein bisschen Botox hier, ein paar Filler da, eventuell etwas Eigenfett, um das Gesicht aufzupolstern. Insbesondere ein Fadenlifting böte sich an.

Dabei werden Fäden aus wieder auflösbarem Material ins Unterhautfettgewebe eingewebt, die mit Widerhaken versehen sind. "Dann drapieren wir das Gewebe an diesen Fäden wieder hoch", so Kantelhardt. "Wenn das keiner mitbekommen soll, müssen Sie das Programm auf mehrere Sitzungen verteilen." Kosten je nach Ausgangslage: zwischen 800 und ein paar Tausend Euro. Geht's noch harmloser? Ohne Pieksen?

"Zehn Jahre sind dann etwas zu ambitioniert", sagt der Münchner Dermatologe Timm Golüke, dem viele Münchner Prominente ihr Gesicht anvertrauen. "Aber warum nicht einfach gut aussehen?" Etwa, indem man sich um die Kinnpartie kümmere, die mit den Jahren an Kontur verliert. "Sacking Jaw"-Line nennt sich das auf Hautarztdeutsch. Als Gegenmittel hat Golüke in seiner Praxis ein koreanisches Gerät namens "Ultraformer" stehen, das mit "mikrofokussiertem Ultraschall" arbeitet und die Produktion von Kollagen anregen soll.

Den Effekt der einmaligen Behandlung für 1500 Euro sehe man nach drei bis sechs Monaten. Viel günstiger und schneller sichtbar ist es, sich Altersflecken weglasern und Alterswarzen wegkratzen zu lassen. "Auch viele Männer kommen deshalb zu uns", sagt Golüke. "Damit würde ich nicht warten, bis ich 70 bin, sonst werden das zu viele. Das ist ja schlicht Maintenance, wie Sport treiben."

Fazit: Irgendwie eilt's jetzt.

Kann ich sogar eine neue Karriere starten?

In seinem Bestseller "Überflieger" stellt der Wissenschaftsautor Michael Gladwell die oft zitierte These auf, dass man in den meisten Bereichen 10'000 Stunden Expertise brauche, um darin richtig gut zu werden. Das ist natürlich ein lästiger Befund, wenn man schon 50plus ist und Neues beginnen will. Die Berufscoachin Angelika Gulder kennt dennoch einige ermunternde Beispiele aus ihrer Praxis.

Wie die Geschichte von der Finanzbuchhalterin, die nun hauptberuflich minderjährige Flüchtlinge berät. "Sie verdient viel weniger Geld, aber geht in ihrer Aufgabe total auf."

Das Allerwichtigste für einen späten Wechsel sei, dass jemand glasklar wisse, wo er hinwolle. Nur ein vages Bedürfnis, etwas anderes machen zu wollen, reiche nicht aus. Doch wie findet man heraus, was man will, wenn man es denn mit 50 noch nicht weiss? Gulder hat dazu einen Bestseller geschrieben ("Finde den Job, der dich glücklich macht"), in dem viele Fragen auf das Unterbewusstsein zielen: Kindheitsträume, die immer wieder auftauchen oder vergessene Talente.

"Es geht um eine Hinzu-Orientierung, nur das gibt einem die Kraft, etwas auch wirklich umzusetzen." Fazit: Nur wo ein Wille ist, ist auch eine neue Karriere.

Gibt mir jemand Geld für ein Start-up?

Wen es mit 50 in die Start-up-Welt drängt, fühlt sich schnell wie Methusalem. Die meisten Gründer sind - so wie ihr Personal - zwischen 20 und 30 Jahre alt. "Den Stress tut sich kaum ein Älterer an", erzählt Fritz Oidtmann, Managing Partner beim Münchner Venture-Capital-Investor Acton. "Wer hat denn dann noch Lust auf durchgeschuftete Wochenenden?" Zudem bedeute die Gründerei normalerweise einen beträchtlichen finanziellen Rückschritt. Seit vier Jahren prüft Oidtmann, selbst 57, frisch gegründete Firmen darauf, ob sich eine Investition lohnt.

In dieser Zeit hat er mangels Masse noch keines mit einem Chef über 50 gefördert. Dabei kann er sich das prinzipiell vorstellen. "Voraussetzung ist, dass jemand uns und andere mit seiner Idee begeistern kann. Und glaubhaft rüberbringt, genug Energie zu haben, um das fünf bis zehn Jahre lang zu wuppen." Aber: "Die Adenauers sind selten." Fazit: Grandiose Geschäftsidee?

Vielleicht doch lieber dem Enkel schenken. Und als Seniorpartner einsteigen. Wie mach ich mich noch interessant? Die amerikanische Führungskräfte-Beraterin Olivia Fox Cabane hat eine Anleitung verfasst, wie man als Mensch jedweden Alters charismatischer werden kann. Charisma, so erklärt sie, lasse sich auf drei wesentliche Elemente herunterbrechen: Präsenz, Macht und Wärme. Man müsse nur lernen, den Menschen richtig zuhören, durch Körpersprache und Kleidung kraftvoll zu wirken sowie mit Stimme und Mimik Wärme auszustrahlen. Für den Anfang rät Cabane, die Stimme am Ende des Satzes abzusenken, weniger zu nicken und zwei Sekunden zu schweigen, bevor man anfängt zu sprechen.

Fazit: Einen Versuch wert. 


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